Presley und Haley sind Zwillinge, 28, benehmen sich wie acht, ernähren sich von Schokolade und Tabletten und leben allein zusammen. Ihre Eltern sind fort, gegangen, gestorben – ein Verkehrsunfall, eine geheimnisvolle Krankheit, eine atomare Katastrophe –, sie können sich nicht erinnern. Jede Nacht, wenn Haley ihren unruhigen Tablettenschlaf hält, bekommt Presley Besuch von Cosmo Disney, dem Disneykiller mit der Mistgabel, der sich geschworen hat, alle Kinder auf der Welt umzubringen.
Der Disneykiller des britischen Autors Philip Ridley ist ein berührender Endzeitblues, ein komödiantisches Apokalypsemärchen im Kakerlaken-Glitzergewand. Mit Witz und einem zielsicheren Gespür für gespenstisch-schöne Stimmungen rührt Ridley an die ureigensten menschlichen Ängste, die uns bis heute bestimmen. Nach seinem großen Boom vor fast zwanzig Jahren wird dieses Stück nun wieder entdeckt, auch als ein großartiges Stück Schauspielertheater.
Presley Stray: Marco Massafra
Haley Stray: Marina Frenk
Cosmo Disney: Sebastian Zumpe
Mistgabel Cavalier: Arne Nobel
Regie: Michael Lippold
Bühne und Kostüme: Sarah Bernardy
ROTTSTR 5 THEATER / Birgit hupfeld
In Philip Ridleys Disneykiller hat der Traum die Realität längst abgelöst, nur dass die Geschwister Presley und Haley von Albträumen statt von optimistischen Phantasien überrannt werden. Ihr Weltentwurf gleicht einem Endzeitszenario, ihr Dasein einem verwahrlosten Entrücktsein. Das Stück des britischen Autors wurde 1991 in London uraufgeführt, 1992 war die deutschsprachige Erstaufführung am Deutschen Theater in Berlin. Michael Lippold nimmt es sich als comic-komödiantisches Schauspielertheater vor. (...) Eine Mischung aus schutzbedürftiger Naivität und kratzbürstiger Einsiedlerin ist Marina Frenks Haley. Marco Massafras Presley visualisiert sich die Welt mit geschlossenen Augen und ausgebreiteten Armen wie ein Sektenführer. (...) Der Schauspieler mit dem Hang zur grotesken Darstellung variiert wunderbar zwischen lebensfremder Verschrobenheit und verstörender Normalität. (...) Michael Lippold vertraut auf das komödiantische Talent seiner hervorragenden Schauspieler. Es ist erfrischend, das Stück nicht als realistische Sozialkritik serviert zu bekommen. (Nachtkritik.de)
Absolut überzeugend verkörpern die Schauspielhaus-Mimen Marina Frenk (Hayley) und Marco Massafra (Presley) das krude Geschwisterpaar. Zwei körperlich Erwachsene, die in der selbstverordneten Abgeschiedenheit ihres einstigen Elternhauses wie Kinder herumalbern, kuscheln und streiten, sich nur von Schokolade ernähren. Und sich dabei einreden, ein Atomkrieg hätte die Welt vor der Haustür mit all ihren menschlichen Abgründen vernichtet. Tragisch und komisch zugleich. (...) Die bizarren Gewaltphantasien gipfeln im Auftritt des Disney-Handlangers: dem Mistforken-Kavalier (Arne Nobel). Auf Plateauschuhen wankt der Gruselmann mit Clownsfratze und Lederhalsband wie ein Zombie durchs Theater - und raunt kratzig ein Schlaflied. Schaurig schön! (...) Wirklich bemerkenswert, was Schauspielhaus-Ensemblemitglied Michael Lippold als Regisseur aus Philip Ridleys ebenso feinsinnigem wie schonungslos brutalem Bühnenstück herausgeholt hat. Der kleine Geniestreich ist ihm nicht zuletzt deshalb gelungen, weil er auf vier brillante Darsteller zählen kann. (Ruhr Nachrichten)
Michael Lippold inszeniert grandios ein Endzeit-Märchen im Rottstr5 Theater. (...) Das finstere Märchen mit seinen popkulturellen und religiösen Dimensionen bringt die Inszenierung facettenreich auf die Bühne. Regisseur Michael Lippold gelingt mit hervorragenden Darstellern eine Interpretation, die das optimistische Flämmchen in der Vorlage kräftig anbläst. (WAZ)