DER GROSSINQUISITOR

Nach Fjodor M. Dostojewski
Regie: Hans Dreher
Rottstr 5 Theater
Premiere: 16. Juli 2011
ROLLE: IWAN FJODOROWITSCH

Zwei Brüder in der Kneipe. Sprechen über die Welt und Gott. Sagt der eine, namens Iwan Fjodorowitsch: „Mein Poem heißt Der Großinquisitor, es ist abgeschmacktes Zeug, doch ich möchte es dir gern mitteilen.“ – Dostojewskis weltberühmte Erzählung berichtet von Jesus, der noch einmal auf die Erde kehrt, vom Großinquisitor, der ihn einsperrt und verhört, und von einem brennenden Kuss. Der Großinquisitor ist das fünfte Kapitel des fünften Buches aus dem Roman Die Brüder Karamasow von Fjodor Dostojewski, das auch separat unter demselben Titel veröffentlicht worden ist. Als Monolog ist es eine Antwort auf die Bibel und führt Jesus’ Gespräch mit dem Teufel in der Wüste fort.


ROTTSTR 5 THEATER / BIRGIT HUPFELD

PRESSE

Michael Lippold kommt mit Sonnenbrille und Grill auf die Bühne, brät sich ein Stück Fleisch, gönnt sich einen Drink und eine Zigarette nach der anderen. Er ist ein selbstgefälliger Conférencier, der die Bedeutung seines Poems mit Understatement bekräftigt. Der die Worte weg redet, um sie dem Publikum vor den Kopf zu stoßen. Die intellektuelle Verführungskraft von Dostojewskis Iwan bekommt bei Lippold Showmaster-Qualitäten. An die Heizung genagelt, wird er zu Christus, der im mittelalterlichen Spanien der Inquisition erscheint und Wunder wirkt. In Kutte, mit katzäugigen Kontaktlinsen und Kerzen in der Hand wird er zum teuflischen Großinquisitor unterm Deckmantel der Frömmigkeit. Die drei Versuchungen des Jesu in der Wüste verfasst er als Quizfragen, er tanzt, geißelt sich und besteigt einen Scheiterhaufen aus Stühlen. Michael Lippold tauscht Figuren und bleibt doch ein Erzähler, wechselt die Perspektiven und lässt doch immer den Verführer durchblitzen. Unterschwellig und unschuldig mit einem „Tja“ oder „That's it“. Dostojewski stand der römisch-katholischen Kirche, Materialismus und Rationalismus mehr als skeptisch gegenüber, formulierte sein Misstrauen im Iwan und in dessen Poem. Lippold spielt mit Skepsis, mit der Skepsis des Publikums, das mal einen Überzeugungstäter, mal einen blasierten Zyniker vor Augen hat. Eine Ein-Mann-Show zwischen Trugbild und Entlarvung, zwischen Entertainer und Liebe versicherndem Despoten, zwischen Grillmeister und Menschenverbrenner. Und einfach-gutes Schauspielertheater. (Nachtkritik.de)