SIEBEN TÜREN

Von Botho Strauß
Regie: Elmar Goerden
Schauspielhaus Bochum
Premiere: 18. Januar 2010
ROLLEN: DAS NICHTS (Der Selbstmörder und das Nichts) / DER MANN (Heimkehr) / DER MAHNER UND WARNER (Ein Versehen) / ERSTER MANN (Im Autosalon) / DER STRAFGEFANGENE (Zuflucht) / DER MANN (Ein Bote) / ERSTER MANN (Jeannine)

Kurze Szenen aus einem grotesk-tragischen Alltagsleben. Ein frisch getrautes Hochzeitspaar sitzt verloren daheim: Vor lauter Glück hat es vergessen, Gäste einzuladen. Ein genialer Forscher, der sich auf der Schwelle seines größten Triumphes umgebracht hat, um auch die letzte Spur seiner gefährlichen Erfindung auszulöschen, begegnet im Jenseits dem Nichts, einem jämmerlichen Langweiler, an den er sich nun auf immer gebunden sieht. In kurzen Momentaufnahmen lässt Strauß Anspruch und Wirklichkeit aufeinander prallen und dabei komödiantische Funken schlagen.


Schauspielhaus Bochum / BIRGIT HUPFELD

PRESSE

Die Reihenfolge der Ministücke kann jeder Regisseur selbst entscheiden. Goerden beginnt mit Der Selbstmörder und das Nichts, wobei die laut Vorlage männliche Wasserleiche von einer Frau (Evamaria Salcher) verkörpert wird. Das Nichts wartet im Rücken des Publikums auf sie, Michael Lippold trägt einen schwarzen Rollkragenpulli und einen Plastikschädel in der Hand. Die Frau, eine Forscherin, ist überrascht. Ganz normal, belanglos nett wirkt das Nichts, die Hölle ist ein ewiger Smalltalk, ein Fegefeuer der Unverbindlichkeit. Heute wirken solche Botschaften bei Botho Strauß oft mythenüberladen, bildungsschwer und verbissen. In Sieben Türen warf er sie mit leichter Hand und hinreißend zugespitzten Formulierungen auf die Bühne, was viel wirksamer ist. Das Theater unter Tage wird zum rätselhaften Zwischenreich. (Deutschlandradio Kultur)

Das gute Dutzend Szenen endet mit zwei Herren von gegnerischen Delegationen, die in einer Verhandlungspause im Park ins Gespräch kommen. Als der eine dem anderen stolz ein Bild seiner Tochter reicht, behauptet der andere, nichts zu erkennen. Ist das ein feindlicher, herzloser Angriff? Oder ist auf der Fotografie wirklich nichts zu sehen? Elmar Goerden und seinem spielfreudigen vierköpfigen Ensemble gelangen nicht alle Szenen gleich gut. In den besten wurde nicht übertrieben, sondern gespielt, als seien die Szenen der Wirklichkeit abgelauscht – denn das ist eine der ebenso vergnüglichen wie beunruhigenden Grunderkenntnisse dieses nur anderthalb Stunden kurzen, aber philosophisch gehaltvollen Abends: Das Absurde ist normal und das Normale absurd. (dpa)

Der Alltag gerät im Stück Sieben Türen, das der Autor selbst mit „Bagatellen“ untertitelt hat, sanft aus den Fugen. Es wird zu einem Absurdistan, durch das die vier Darstellern stolpern, indem sie gern mal durch die falsche Tür ins Haus fallen. Goerden holt hier einen Autor zurück auf die Bochumer Bildfläche, der bereits Ende der 80er Jahre mit kunstvollem Sprachwitz von unserer Wirklichkeit erzählte. Prophetisch lässt Strauß da das aufkommende Prinzip der Nachmittagstalkshow an dessen Grenzen stoßen. Maja Beckmann und Michael Lippold zeigen das in einem wunderbar verirrten Dialog. (Rheinische Post)